Samstag, 16. Januar 2016

Luzi van Gisteren - "Die Teufelin und ihr Kuckuck"

Bewertung: *****

Der Roman „Die Teufelin und ihr Kuckuck“ von Luzi van Gisteren spielt im schönen Schwarzwald. Es geht um Bernhard, der ein Leben in den Fängen seiner Mutter Hermine Stöckle führt. Dies stört ihn so lange nicht, bis er feststellen muss, dass die Welt, so wie er sie kennt, auch noch andere Frauen bereithält, als seine egozentrische und bestimmende Mutter. Und es ist ja nicht so, als wenn Bernhard sich nur mit seiner Mutter rumschlagen muss – nein! Da ist auch noch Bernhards Chef Herr Wunderdinger, der alles andere als ein erträglicher Mensch ist… Aber: Jeder bekommt im Leben seine gerechte Strafe – und das bekommen sowohl Herr Wunderdinger als auch Hermine Stöckle jäh zu spüren…

Sprachlich ist der Roman wirklich klasse. Das Buch ist flüssig und verständlich geschrieben und es macht einfach Spaß, das Buch zu lesen.

Charaktere:

Die Charaktere haben mir – was die pure Gestaltung angeht – sehr gut gefallen. Damit meine ich, dass die Figuren in sich schlüssig und detailliert gestaltet sind. Allerdings kann ich noch lange nicht sagen, dass ich alle Charaktere ins Herz geschlossen habe!

Hermine Stöckle ist so ein Mensch, den die Welt einfach nicht braucht. Ekelhaft selbstgerecht verlangt sie, dass jeder in ihrer Umgebung – und auch alle, die nicht in ihrer Umgebung sind – hochspringen, wenn sie „Hopp“ sagt. Außerdem hat sie Feingefühl wie eine Kettensäge und stößt ihre Mitmenschen immer wieder brutal vor den Kopf, weswegen ich sie schlicht und einfach nicht leiden konnte…

Bernhard ist der Protagonist der Story. Er stellt im Verlauf des Buches fest, dass er sich doch viel zu lang hat von seiner Mutter unter deren Pantoffel stellen lassen und nimmt sein Leben doch zusehends mehr selber in die Hand. Diese Veränderung wurde von der Autorin hervorragend herausgestellt. Ich muss zugeben, dass er mir zu Anfang einfach nur leidtat, was sich aber im Verlauf des Buches sehr zum Positiven verändert hat.

Bei Susanne bin ich ein bisschen hin und her gerissen. Sie macht einen ganz netten, leider aber auch oberflächlichen Eindruck. Im Verlauf des Buches zeigt sich aber auch, dass sie einen Sinn für Gerechtigkeit hat, wenn auch Selbstjustiz vielleicht nicht der richtige Weg dorthin ist.

Zu guter Letzt komme ich zu Herrn Wunderdinger. Dazu kann ich kaum was sagen… So ein Chef wäre für mich ein Grund zu kündigen und mir einen anderen Job zu suchen. Der Typ ist einer jener fiesen Chefs, die seinen Mitarbeitern immer und bei jeder Gelegenheit zu verstehen geben, dass Chefs sich eben einfach nahezu alles erlauben können und einfach gerne ihre Macht demonstrieren – und sei es eben nur mit Tankgutscheinen für einen Mitarbeiter ohne Auto.

Handlung:

Die Handlung ist spannend und abwechslungsreich. Außerdem hat es mir sehr gut gefallen, dass irgendwie am Ende doch alles anders kommt, als es zunächst den Anschein hatte. Überzeugt hat mich, dass die Handlung trotz der Überraschenden Wendung nicht „zurechtgebogen“ wirkt. Das hat die Autorin sehr gekonnt und geschickt eingefädelt und dargestellt.

Humor:

Die immer wieder eingeschobenen Gedanken der Figuren geben dem Roman das gewisse Etwas. Häufig kann man über die Gedanken sehr gut schmunzeln. Auch die Erzählweise der Autorin lädt dann und wann zum Lachen ein, ohne aus dem Buch eine niveaulose Komödie zu machen. Trotz des Humor-Faktors bleibt der Ernst der Lage, in der sich Bernhard, und später auch Susanne und Herr Wunderdinger, befinden, immer präsent.

Fazit:

Sehr gelungener Schwarzwald-Roman, bei dem man hin und wieder schmunzeln muss, aber auch dann und wann die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, weil die Figuren einfach sind, wie sie sind. Und vor allem ist es durchaus nicht ausgeschlossen, dass man solchen Menschen im wahren Leben – zum Beispiel an der Infotheke eines Baumarktes – begegnen könnte – auch wenn man das nicht unbedingt in allen Fällen wollen wird.

Das Thema, nämlich der unselbständige erwachsene Bernhard, der sich immer im Netz seiner Mutter verheddert, ist sogar aktuell, wenn man mal überlegt, wie viele Menschen in der heutigen Gesellschaft noch mit Muttern und Vattern unter einem Dach leben – wenn es auch nur ein Mehrgenerationen-Haus ist.

Und dann ist da noch zu sagen, dass die Geschichte zweier Figuren durchaus noch weiter erzählt werden könnte… Ich bin mal gespannt, ob ich nochmal etwas von Susanne oder Bernhard höre… Uninteressant fände ich eine Fortsetzung jedenfalls nicht…